Zwei neue Romane zeigen eindrücklich: Wer die moderne Geschichte Malaysias verstehen will, muss im Wald damit anfangen.
«Echos der Stille» der malaysischen Autorin Chuah Guat Eng und «Wir, die Überlebenden» des Autors Tash Aw zeigen, dass der Regenwald, der an vielen Stellen gerodet wurde, um Kautschukplantagen zu weichen, Schauplatz der kolonialen Geschichte von Gewalt, Ausbeutung und Ungleichheit ist. Der Wald ist in Malaysia die Quelle des Reichtums der wenigen, unter Ausbeutung der vielen. Er ist aber seit jeher auch der Rückzugsort für Guerillas. Und er ist nicht zuletzt die wichtigste Zuflucht der Geflüchteten und Marginalisierten im Inneren wie aus den Nachbarländern – die Rohingya sind nur das bekannteste aktuelle Beispiel.
Kurz: In der Ambivalenz des Waldes spiegelt sich die wechselvolle Geschichte des Landes.
Der ganze Text rund um die beiden Bücher und Malaysias Dschungel ist auf Republik nachzulesen.
Tash Aw: Wir, die Überlebenden. Roman. Aus dem Englischen von Pociao und Roberto de Hollanda. Luchterhand, München 2022. 416 Seiten, ca. 33 Franken.
Chuah Guat Eng: Echos der Stille. Roman. Aus dem Englischen von Michael Kleeberg. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2022. 464 Seiten, ca. 41 Franken.
In der chinesischen Sprache klingen viele Silben gleich oder ähnlich. Dass dies zu irritierenden, aber auch amüsanten Verwechslungen führen kann, beschreibt Deike Lautenschläger in ihrem Buch Das Glück verkehrt herum. Ich habe nachgefragt:
Homophone sind der Alptraum nicht nur von Sinologie-Studenten: Silben werden gleich ausgesprochen, haben aber eine vollkommen andere Bedeutung. Sie, Deike Lautenschläger, haben nun ausgerechnet Homophone gesammelt. Wie kamen Sie auf die Idee?
Wenn man in Taiwan lebt, stößt man früher oder später auf Homophone – also auf Wörter, die gleich oder ähnlich klingen und denen deshalb je nachdem eine glück- oder unglückbringende Verheißung nachgesagt wird, denn sie sind im Alltag und besonders an Feiertagen präsent. Angefangen hat alles mit der Kakifrucht, die mir vor vielen Jahren eine Freundin in Taiwan zum chinesischen Neujahrsfest Ende Januar/ Anfang Februar überreichte, um mir mit dem Homophon der Kakifrucht 柿子 shìzi und dem chinesischen Wort für „alles“ 事事 shìshì den typischen chinesischen Neujahrswunsch „alles wie gewünscht“ 事事如意 shìshì rúyì ohne Worte zu überbringen. Das hat mich fasziniert – kein Glückwunsch in Form einer Karte mit Worten, sondern in Form einer Frucht durch den gleichen Klang! Natürlich war ich durch einen Chinesischkurs schon auf die schlechte Bedeutung der Zahl Vier aufmerksam geworden und erlebte im Alltag auch die ganz praktischen Konsequenzen wie z.B., dass es manchmal keinen 4. Stock gibt. Über die Jahre habe ich Homophone aus Spaß und Interesse gesammelt. Einige Homophone hatte ich schon in meinem Buch Fettnäpfchenführer Taiwan erwähnt. Inspiriert hat mich letztendlich dann die Art und Form des Buches Atlas der abgelegenen Inseln von Judith Schalansky, in dem 50 abgelegene Inseln recherchiert und in kleinen Geschichten wunderschön poetisch beschrieben sind.
Wie sind Sie sie bei der konkreten Zusammenstellung für dieses Buch vorgegangen? Gab es Zuträger:innen, kam Ihnen der Zufall zu Hilfe, gab es ursprünglich noch mehr Kategorien, wie haben Sie die Homophone ausgewählt?
Viele Homophone sind mir im Alltag und an Feiertagen aufgefallen, oder ich wurde durch taiwanische Freunde und Bekannte darauf aufmerksam gemacht. Als der Entschluss gefallen war, ein Buch darüber zu schreiben, fragte ich natürlich direkt nach und stieß so auch auf weitere Homophone. Zwei oder drei wurden im Chinesischkurs thematisiert. Weiterhin habe ich in taiwanischen Medien danach gesucht, also online in Zeitungen und Magazinen, denn auch wenn viele Homophone sehr alt sind, so werden sie doch noch in heutigen Kontexten angewendet. Zu aktuellen Geschehnissen posteten taiwanische Netizens auf Facebook und Instagram Wortspiele, in denen auch oft Homophone zu finden waren. Geplant waren eigentlich 50 Texte, aber bald hatte ich eine größere Menge zusammengetragen, aus denen ich dann die interessantesten und relevantesten 60 ausgewählt habe. Als das Buch bereits im Lektorat war und auch später während des Drucks und sogar bis heute entdecke ich homophone Wortspiele, die von politischen oder gesellschaftlichen Begebenheit inspiriert sind, die ich zwar für mich aufschreibe, aber für die es leider zu spät ist.
Ja, besonders die politischen Homophone haben mich beeindruckt, da ist die Rede von Grasschlampferden, Flusskrabben – mit denen der Künstler Ai Weiwei in seinem Kunstwerk Hexie bereits gespielt hat. Zurzeit skandieren jugendliche Demonstranten in China „Bananenschalen“, weil diese Silben mit demselben Buchstaben beginnen wie die Initialen von Xi Jingping In anderen Kapiteln wiederum menschelt es, dann wieder geht es um Feste und z.B. das Wetter – kurz, die Bandbreite der Homophon-Sammlung ist enorm. Ihre Sammlung macht Lust, hinter die schier unüberwindbare Mauer aus schwer zu erlernenden Schriftzeichen zu blicken. Dabei kombinieren Sie sprachlich fein ziselierte Alttagsbeobachtungen mit etymologischen Ausführungen, besonders überzeugend z.B. bei Wolken und Glück; amüsant auch, wie Sie die bestimmte Redewendungen aufschlüsseln, 三 Q / sān q wird zu thank you, 八八一 / bā bā yī zu bye bye. Darüber sprechen Sie ausführlich auf Radio Taiwan. Warum aber steht im Untertitel des Buches „Homophone in Taiwan“, es bezieht sich ja auf die Sprache, nicht ein Land? Oder gelten die gesammelten Homophone und deren Bedeutung nur in Taiwan? Schließlich erwähnen Sie auch Homophone in China und HK.
Sprache ist stets eng verbunden mit Identität, Kultur und Politik. Fast alle der Homophone im Buch sind mir in Taiwan zu Ohren gekommen – eingebettet im Kontext des taiwanischen Alltags, in denen die Wörter ihre Bedeutung in Feinheiten und Komplexitäten finden. Viele der Homophone gibt es sicher auch in China und anderen chinesischsprachigen Ländern und Gebieten, doch wie sie da gebraucht werden, vermag ich in diesem Buch nicht zu sagen – das wäre dann ein jeweils anderes Buch. Und es wäre auch ein Buch, das ich nicht schreiben kann als eine Autorin, die seit mehr als 17 Jahren nur in Taiwan gelebt hat. Schreiben ist ein subjektiver Prozess, bei dem man bewusst und unbewusst seine Erfahrungen und Erlebnisse mit einfließen lässt. Auch die wenigen homophonen Ausflüge nach China und Hongkong sind nur von Taiwan aus möglich. Zum Beispiel basiert der Text über Hongkong auf Erzählungen von Augenzeugen, die mir in einem Café in Taipei von den Protesten 2019/2020 in Hongkong berichteten. So ein freier Austausch von Meinungen und Erlebnissen wäre höchstwahrscheinlich in einem Café in Peking nicht möglich gewesen.
Deike Lautenschläger: Das Glück verkehrt herum. Fotografie und Illustration Liesbeth Cole. Iudicium-Verlag 2022, 278 Seiten
Jedes kleine Stück Plastik, das in den letzten 50 Jahren hergestellt wurde und in den Ozean gelangte, ist immer noch irgendwo dort draußen. Was aber, wenn eine dieser Plastikmüllinseln im Pazifk auf eine reale Insel prallt, auf Taiwan zum Beispiel? Dieser Gedanke ist Ausgangspunkt des Romans Der Mann mit den Facettenaugen des taiwanischen Autors Wu Ming-Yi. Darin rettet die lebensmüde Akademikerin Alice den Indigenen Atile’i, der auf eben solch einer Müllinsel gelandet ist.
Wandelnde Bäume, Rehe, die sich in Ziegen verwandeln – Menschliches, Natürliches wird dabei mit Magischem verknüpft; es geht um indigene Mythen und Überleben in einer Moderne, die kaum noch Überleben zulässt. Und zwischen den Zeilen schwingt die Frage mit: „Was können, was sollen wir tun?“
„Zusehen, ohne einzugreifen. Allein dazu bin ich da“, antwortet darauf der Mann mit den Facettenaugen.
Ausgewählte Gedichte des chinesischen Lyrikers Ai Qing
Ai Qings Gedichte zählen zum Kanon chinesischer Lyrik und erzählen von der existenziellen Bedrohung des Individuums, zerrieben zwischen Nationalisten und Kommunisten, dem Imperialismus der japanischen Invasoren und dem Kampf zwischen den Machthabern. Seine Gedichte sind in einer klaren, schnörkellosen Sprache gehalten, die Ummittelbarkeit von Landschaft und Menschen ist frappierend. In seinen Bildern spürt man eine tiefe Verbundenheit mit dem Schicksal der Menschen gerade im kargen Norden Chinas.
Meine Rezension zu diesen Gedichten, die klarsichtig die Tragik von Armut und Abhängigkeit entblößen, ist in der Literaturzeitschrift Orte (Oktober 2022) erschienen; der Gedichtband Schnee fällt auf Chinas Erde wurde von Penguin Randomhouse in der Übersetzung von Susanne Hornfeck 2021 veröffentlicht.
China, Erdbeben, Taifune: Wie lebt man auf einer bedrohten Insel? Ein Gespräch mit Andrea Hauer vom Ö1 und Freda Fiala.
Die ständige Bedrohung von Festland-China, Erdbeben, Taifune, geologisch aktive Vulkane: wie leben die Einheimischen damit, außer mit einem vielfältigen Frühwarnsystem? Ist die Gefahr, die von Peking ausgeht, für die 23 Millionen Einwohner:innen tatsächlich größer geworden oder wird im Westen neuerdings mehr darüber berichtet? Welche Rolle spielt Taiwan für die Welt und für China und welche Rolle möchte es selbst gern spielen? Fragen, denen ich in meinem Buch Wolken über Taiwan. Notizen aus einem bedrohten Landunter anderem nachgegangen bin.
Taiwanische Autorinnen erzählen. Eine Lektürenotiz.
Der Titel klingt vielversprechend, das Tempo und die Themen sind eher moderat. Beeindruckend fand ich die Erzählung „Bukolika“ von Ko Yu-Fen (schon mit „An den Ufern des Tamsui“ im Erzählband Kriegsrechtvertreten), die von prekären Verhältnissen berichtet, von Fabrikarbeiterinnen und ratlosen Müttern, von schmierigen Übergriffen und sinnlosen Toden – und welche Opfer die rücksichtlose Industrialisierung von Mensch und Natur fordert.
Um Rücksichtslosigkeit geht es auch in „Berggeister“ von Chiou Charng-Tin, die in ihre Geschichten – laut biografischer Notiz – Umweltthemen und -zerstörung einfließen lässt. Die Protagonistin, die sich von Nebelgeistern verfolgt fühlt, trifft in den Bergen auf „Baumratten“ (vgl. dazu auch der Text „Alishan“ in Wolken über Taiwan) , Holzdiebe. „Eigentlich sind diese Bergratten Junkies aus den Städten […]. Die alten Bäume in den Bergen sind für diese Kerle wie Geldautomaten.“ Ihr Fazit: Die Gier beschert den Menschen bloß Alpträume, und die Berggeister entkommen ihr nur, weil sie sich an immer entlegenere Orte zurückziehen. Was, wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt?
Manche Rezensenten sprechen von einer gewissen „Düsternis und Dunkelheit“ in den Texten – düster kann einem werden, wenn man einen Blick in die Zukunft wirft. Das Leben der „Technofrau“ ist kein beneidenswertes, zumal nicht klar ist, wer denn nun ein echter Mensch ist und wer nicht; in „Transkommunikation“ sendet der verstorbene Vater Nachrichten von einem Account, der von einer NGO nach dessen Tod weiter betrieben wird.
Man mag sich fragen, wie repräsentativ diese Geschichten für die gegenwärtige Literatur Taiwans sind, wie die Auswahl zustande gekommen ist. Im Vorwort gibt die Herausgeberin Hsu An-Nie Auskunft: In zwei Diskussionsrunden wurden 12 Erzählungen von taiwanischen Literaturexpert:innen empfohlen, in einer dritten Runde wählten deutsche Expert:innen acht davon aus. So kommt es vielleicht, dass die Erzählungen auf unterschiedliche Weise mal mehr, mal weniger literarisch ausgereift sind – ein kritischer Blick auf die taiwanische Gesellschaft ist jedenfalls allen Geschichten eigen.
Hsu An-Nie (Hrsg.): Von Wahrsagern und Technofrauen. Erzählungen zeitgenössischer Autorinnen aus Taiwan. Übersetzt aus dem Chinesischen von Marc Hermann, Brigitte Höhenrieder und Hans Peter Hoffman. 2021; 286 Seiten
Ende der 1970er Jahre spitzte sich der Kalte Krieg zwischen der Sowjetunion und den USA erneut zu. 1983 ließ die NATO Nuklearraketen in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen westeuropäischen Ländern stationieren. Vor allem die schwäbische Gemeinde Mutlangen rückte damals als Standort von Pershing-II-Raketen in den Fokus der Friedensbewegung und der Öffentlichkeit. Weil ich darüber ein Buch geschrieben habe, stellte ich Richard Rohrmoser fünf Fragen zu seiner Dissertation zu diesem Thema. Darin beschreibt er die Entwicklung Mutlangens zu einem Symbolort der Friedensbewegung.
Wie kamst Du ausgerechnet auf die längst vergessene „Friedensbewegung in Mutlangen“?
Ich habe mich schon während des Studiums recht intensiv mit dem NATO-Doppelbeschluss und der bundesdeutschen Friedensbewegung beschäftigt, zumal mein Doktorvater viel dazu publiziert hat. Auf der Suche nach einem eigenen Promotionsthema bin ich in einem Buch auf einen Flyer mit dem Slogan „Unser Mut wird langen!“ gestoßen. Dies hat mein Interesse geweckt und nachdem die ersten Zeitzeug:innen spannende Einblicke in das noch stark untererforschte Thema lieferten, war mir klar, dass ich darüber meine Doktorarbeit schreiben werde.
Was hat Dich bei Deinen Recherchen am meisten überrascht?
Zum einen, dass sich zuvor tatsächlich noch niemand im größeren Ausmaß wissenschaftlich mit diesem Themenkomplex beschäftigt hat; zum anderen die große Bereitschaft sämtlicher Zeitzeug:innen, über das Geschehene zu berichten und die Ereignisse aufzuarbeiten. Dementsprechend ergiebig und hilfreich waren auch die Gespräche mit den Zeitzeug:innen.
Gab es einen Widespruch zwischen Deinen Forschungsergebnissen und dem, was Du vor Ort durch Gespräche herausgefunden hast?
Einen eklatanten Widerspruch konnte ich eigentlich nicht feststellen, aber die Gespräche vor Ort haben insbesondere die „Geschichte der Emotionen“, also die Furcht vor einem nuklearen Schlagabtausch oder einer nuklearen Katastrophe, sehr viel anschaulicher und konkreter gemacht. Davon hat meine Dissertation, denke ich, enorm profitiert.
Auf mich wirkte damals die Ablehnung der örtlichen Bevölkerung gegenüber den „fremden“ Friedensaktivisten recht hermetisch. Wie ist Dein Eindruck?
In Bezug auf den Protest in den 1980er Jahren kann ich dies absolut bestätigen. Interessanterweise habe ich in meinen Gesprächen aber doch sehr den Eindruck gewonnen, dass die lokale Bevölkerung inzwischen fast schon einstimmig stolz auf die Protestgeschichte der Gemeinde ist und die Ereignisse von damals – insbesondere die Reaktionen vieler Einwohner:innen auf die angereisten und zugezogenen Friedensaktivist:innen – etwas verklärt.
Wie könnten Erkenntnisse aus der Friedensbewegung in Mutlangen für die Gegenwart wieder fruchtbar gemacht werden?
Richard Rohrmoser
Ich denke eine zentrale Erkenntnis aus der Protestgeschichte der 1980er Jahre ist, dass es stets das zivilgesellschaftliche Engagement ist, das entscheidende Impulse auf Richtung, Tempo und Intensität des sozialen Wandels ausübt. Die Aktionen engagierter Bürger:innen haben Reaktionen des Staates zur Folge. In diesem Sinne ist explizit zu betonen, dass die Sitzblockaden von Mutlangen in der Öffentlichkeit deutlich wahrgenommen wurden: Nicht nur im Ostalbkreis, sondern in Baden-Württemberg, in der ganzen Bundesrepublik und sogar darüber hinaus!
Darum geht es, und geht es doch nicht. Mal ehrlich, wer hat sich nicht schon einmal vorgestellt, die Haut eines anderen überzustreifen? Erst recht, wenn man wie Rechtsanwalt Akiro Kido die Diskriminierung als Nachfahre koreanischer Einwanderer fürchtet, weil rechtsextreme Gruppierungen im heutigen Japan an Macht gewinnen? Einmal nur das Leben eines anderen durchzuspielen, oder sich wie im Spiel oder zum Spaß als jemand anders auszugeben, Erlebtes erfinden, nur um zu sehen, wie es wirkt, dieses ausgedachte Leben?
Was ein Spaß sein könnte, den sich Akira Kido im Roman Das Leben eines anderen von Keiichiro Hirano in einer Kneipe erlaubt und wenig später bereut, ist allerdings bitterer Ernst. Denn da will einer endlich loskommen vom Blutgeruch seines Vaters, einem hoch verschuldeten Spieler, der einen Unternehmer und dessen Familie ermordete, darunter der Spielkamerad seine Sohnes. Der Fluch verfolgt ihn überall hin, da liegt es nah, sich einen anderen Namen zuzulegen, ein anderes Leben.
So einfach lässt sich dieses Verwirrspiel um Identitäten allerdings nicht erzählen, der Fall wird von hinten aufgerollt. Rechtsanwalt Akira Kido wird mit der Suche nach der wahren Identität eines Mannes beauftragt, trifft dabei einen Unterhändler, der mit solchen handelt, eine Frau, mit der er sich ein gemeinsames Leben vorstellen könnte, und das Glück eines Mannes am Ende dessen „falschen“ Lebens. Leise und behutsam lockt uns der Autor Keiichiro Hirano auf falsche Fährten und versöhnt uns mit den Lügengespinsten der anderen.
Ich hingegen wundere mich über dieses immer wiederkehrende Thema der geliehenen Leben, über Leben in einer Lüge im japanischen Kontext – im Roman Herr Kato spielt Familie von Milena Michiko Flašar zum Beispiel, im Film Family Romance von Werner Herzog, und erinnere mich wieder an die flirrenden Wechselidentitäten in Haruki Murakamis Werk.
Tina Müller from sinokultur in an interview with Chen Qiufan aka Stanley Chan.
Why did you choose Science-Fiction as your literary genre?
I’ve been a science-fiction fan since childhood, since around 7–8-year-old or even earlier. My first encounter was Jules Verne, Asimov, Arthur C. Clarke, H.G. Wells, Heinlein, etc. Golden age and classic authors. I really couldn’t explain why, I simply think it was a coincidence that I read SF at the right time. The curiosity of the cosmos, mystical vision of the world, UFO, aliens, time travelling, imagine what a boy would love to learn and explore in that age. Also, reading science fiction offered me the maximum pleasure and satisfaction that other genres couldn’t. I read everything I can find on science fiction at that time, later I watched Star Wars and Star Trek on TV. All of those drew me to the path that I’ve been chosen.
What is your personal experience with AI (artificial intelligence)?
There is a very interesting while thrilling back story on this piece. A literary prize – by an AI judge algorithm was host in 2019 to cover most of the mainstream stories published in the previous year. At the very first stage of the award, the Nobel Prize winner Mo Yan’s short story was ranked first. So, everyone thought the algorithm really worked because a Nobel Prize winner won, what could be wrong? But on the last day, Fiction World, where I published the State of Trance, a story I collaborated with AI was submitted, and my score was 0.00001 point ahead of Mo Yan’s story and turned out on top of the chart. So, with the help of AI, I beat the Nobel Prize winner in literature.
What are some of the chances and risks we face with AI in your opinion?
AI will definitely play an important role in the future on everything. From the positive perspective, it might help us to develop new science and technologies, fighting against climate change, curing diseases, and bringing equality of educational resources to children from different classes and areas. But, if it is misused, it could also be the origin of political turmoil, the manipulation of social media, massive killings with autonomous weapons and all the other dark sides of humanity. The problem is how could we design a safe and hedging system to avoid those negative scenarios. I guess we need more diverse opinions from outside of tech and engineering perspectives.
Do you think Chinese people are more open to AI than Westerners? Here people are very critical.
When I was born in 1981, it was the beginning of reform and opening-up in China. I’d experienced the enthusiasm of people absorbing information and thoughts from the west in the 1980s and 1990s, as well as technology. The rise of productivity benefited everyone, so people intended to consider technology as a neutral tool without negative consequences. But now we are entering the new era of platform-capitalism. The government and the masses started to realize the potential risks in technology. But still, on law enforcement, regulations, philosophy, and mentality levels, it takes some time for the Chinese to build up a more holistic and reflexive thinking towards technologies such as AI.
Deutsche Ausgabe
How has your book AI 2041been received in China? Has it been very successful?
The book is doing very good on the market even if it has just been launched 3 months ago in mainland China. Both me and Dr. Lee Kai-Fu were invited to so many events, talks, live shows, and high-level conferences. A lot of positive feedback from the media and the audience. It got into the finalists of “Best books of the year” selected by a very prestige magazine: 三联文化周刊.
Auf Deutsch ist Die Siliziuminsel erschienen. Aus dem Chinesischen von Marc Hermann. Heyne-Verlag, 2019
Morgens treffen sich die Alten im Park, die fit genug sind, mit den Armen zu schlenkern, die Hüfte zu drehen, sich ein wenig nach vorn, ein wenig nach hinten zu beugen, so weit es die Wirbelsäule eben zulässt … weiterlesen auf dem Blog von Manfred Lipp „Aus dem Alltag“.