Palmen Wolken

Inselleben

Insel Koh Tonsay (Kambodscha, August 2018)

Umgeben von rauem Meer, unzuverlässig, zornig, launisch – Wellen, die immer wieder gegen den Sandstrand schlagen, sich zurückziehen, von Neuem ausrollen, ein einziges Vor und Zurück, eine einschläfernde Bewegung, die endlos, ewig, uralt erscheint und schon immer war, bevor es den Menschen gab. Und nachmittags peitscht der Monsun über die Insel, wühlt das Meer erneut auf, zerzaust die Palmen. Der Horizont ist nicht unendlich, die Inseln sind mal scharf gezeichnet, mal undeutlich wie eine Ahnung, die größere könnte die vietnamesische Insel Phu Quoc sein.
Wind und Wasser also.

An den Hängen der Insel zieht sich der Dschungel hinauf, erdrückt alles unter sich mit feucht-fingrigen Ästen. Zwischen den Hügeln Palmhaine. Und unten am Strand Bungalowanlagen. Nur zwei von sechs sind geöffnet um diese Jahreszeit und zwei Restaurants mit ähnlichen Speisekarten.

Die kleine Anlage am Ende der Bucht wird von einem Geschwisterpaar geführt, so scheint es, aber ich bin mir nicht sicher, der Schein kann genauso gut trügen. Was weiß ich schon? Stühle und Tische stehen in Gruppen unter Mangroven, abends wird ein dezentes buntes Licht eingeschaltet. Als einmal die Sonne ein wenig zwischen den Wolken hindurchblinzelt, taucht ein Dritter im Bunde auf, einer mit einer leichten Gehbehinderung, der die Bestellungen aufnimmt, denn Englisch sprechen die anderen beiden nicht, sie verstehen nur das Notwendigste. Am letzten Tag kommen – vermutlich des Wetters wegen – Einheimische, die offensichtlich der Inselküche misstrauen und ihr eigenes Essen mitgebracht haben. Kein Tosen, kein Sturm, kein Gewitter hindert sie daran, sich in die Wellen zu werfen – schwimmen können sie alle nicht.

Die anderen Touristen bleiben in der zweiten Anlage, bei Simone, der Inselkönigin, die jeden sofort anspricht, umarmt, drückt, die Hand reicht – Kundenbindung herstellt, auch mit den Tagesausflüglern, die das Fährboot morgens bringt. Hier aber hockt man hinter Plastikplanen, an denen der Wind so heftig zerrt, dass eine Unterhaltung kaum möglich ist. Hockt auf Plastikstühlen an roh gezimmerten Tischen, und alle linsen hinaus oder zur Seite hin oder zwischen den Planen hindurch, als ob es da draußen etwas anderes zu sehen gäbe als das Meer, als ob sich Wunder was ereigne, aber es ist nur das ewiggleiche Rauschen und Rollen der Wellen.

Wir wohnen etwas abseits, der Besitzer musste am Tag unserer Ankunft erst überzeugt werden, uns einen Bungalow zu vermieten, denn die meisten seiner Hütten waren abgedeckt mit blauen Plastikplanen. Er liegt den ganzen Tag mit seinem Handy in der Hängematte, immer mal wieder kommen Männer vorbei, am Anfang saß noch eine Frau bei ihm, die stickte und teilte nachts mit ihm die Matratze.

Weiter hinten bei den Enten wohnen die Masseurinnen der Insel, die Touristen für 5 Dollar massieren würden, wenn denn welche kämen und Lust dazu hätten. Meistens aber sehe ich sie untätig neben ihren Matten sitzen und warten. Um 15 Uhr packen sie ihre Utensilien zusammen und gehen wieder zurück zu ihren Entenhäuschen. Was sie wohl tun? Sich ihre Träume erzählen?