Als Hongkong im Jahr 1997 wieder an China zurückging, war die chinesische Massagetechnik Tuina in der ehemaligen Kronkolonie zu teuer geworden, und in der Grenzstadt Shenzhen schossen die Massagesalons wie Pilze aus dem Boden. Aus dem ganzen Land reisten blinde Masseure in den Süden, wo sie auf müde Hongkonger trafen, die müde vom Geld waren, […]
Alle Artikel der Kategorie ‘Rezensionen’
Absurd = Alltag in Birma
Mit dem Namen fängt es schon an: Myanmar, Burma oder Birma? Und mit dieser in wenigen Zeilen und Bildern nur schwer zu erklärenden Konfusion beginnt Guy Delisle auch gleich sein Comic-Reisetagebuch. Als Begleiter seiner Frau, die für die Organisation „Medècins Sans Frontières“ Krankenhäuser im Nordens Birmas betreut, verbringt der franko-kanadische Comic-Zeichner im Jahr 2005 elf […]
Wider das Vergessen
Warum hält niemand die Maschine auf? Denn wenn das Gesetz so beschaffen ist, dass es notwendigerweise aus dir den Arm des Unrechts an einem anderen macht, dann brich das Gesetz, forderte schon Thoreau. Diese Frage drängt sich erneut auf bei diesem Roman über „Die Erwählten“, die in einer Wiener Kinder- und Jugendpsychatrie qualvoll zu Tode […]
„Sie haben nie vergessen, sie haben nie gewusst.“
Ein ganzer Monat verschwindet aus dem kollektiven Gedächtnis Chinas Befrage man heute junge Menschen in China, was sich im Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens zugetragen habe, ernte man nur Achselzucken, berichten westliche Journalisten. Wie kann es sein, dass ein, zwei Generationen dieses Ereignis vergessen oder aus praktischen und politischen Gründen verdrängt haben? […]
Frustrierende Anonymität
Neu sind die Ein- und Ansichten zwar nicht, die der Frankokanadier Guy Delisle von seinem dreimonatigen Aufenthalt in Shenzhen zurückbringt, aber reizvoll ist seine Auseinandersetzung mit dem Kulturschock allemal. In seinem Comic – eine Mischung aus Reisebericht und Tagebuch – gelingt ihm eine künstlerisch überzeugende Reflexion über das Reisen und die Exotik im Allgemeinen und […]
Ein verhängnisvoller Augenblick
Alles scheint klar zu sein. Ein durchgeknallter Mann hat seine Frau getötet, ein Tal geflutet und damit Hunderten von Menschen den Tod gebracht. Doch warum muss der Sohn dieses „Staudammmonsters“ nomadisierend durchs Land ziehen? Kaum hat er sich irgendwo niedergelassen, wird seine Herkunft wenige Wochen später aufgedeckt. Jemand scheint ihm ein neues Leben zu […]
Ums Überleben rennen
„I have a dream“, doch der Traum des einen bedeutet immer auch den Tod des anderen. Auch jener, die heimkehren aus Kriegen versehrt an Körper und Seele, unrettbar verloren, zerstört, zerstören sie jetzt erst recht das Leben anderer. Nach diesem Krieg geht daheim – wo? – der Krieg einfach weiter. Schließlich vergibt die Armee „keine […]
Shakespeare in Kabul
Kabul im Jahr 2005: Einmal Skakespeares „Verlorene Liebesmüh“ auf die Bühne bringen, haben sich die französische Schauspielerin Corinne Jaber, der amerikanische Journalist Stephen Landgrin und der afghanische Regieassistent Qais Akbar Omar gedacht und sich tatsächlich vier Jahre nach dem Sturz der Taliban an dieses Projekt gewagt. Männer sollten zusammen mit unverschleierten Frauen auf der Bühne […]
Menschen fallen – wohin?
Ein Mann fällt vom Dach, so steht es in den Ankündigungen zu dieser Hongkonger Anthologie mit „urbanen Kurzgeschichten“. Doch genauer betrachtet fällt er zwischen gepunkteten Reihen hindurch, wobei jede Reihe für ein Jahrzehnt stehen könnte, und für jedes Jahrzehnt wiederum eine Geschichte. Und einige davon sind unbedingt lesenswert, allein schon, weil sie westlichen Erzählprinzipien widersprechen, […]
Atmen geht da kaum noch
Eine ungeheuerliche Geschichte. Ist sie nur deswegen so ungeheuerlich, weil hier – einmal anders wie gewohnt – eine junge Mutter ihr Kind verlässt? Und sie lässt das Kind nicht nur allein in einem Pariser Heim zurück, wo der Vater es auf gar wundersame Weise findet. Nein, sie verschwindet auch für immer aus dem Leben der […]