Shakespeare in Kabul

Kabul im kabulJahr 2005: Einmal Skakespeares „Verlorene Liebesmüh“ auf die Bühne bringen, haben sich die französische Schauspielerin Corinne Jaber, der amerikanische Journalist Stephen Landgrin und der afghanische Regieassistent Qais Akbar Omar gedacht und sich tatsächlich vier Jahre nach dem Sturz der Taliban an dieses Projekt gewagt. Männer sollten zusammen mit unverschleierten Frauen auf der Bühne stehen, ein furchtloser Theaterbesuch sollte endlich wieder möglich sein, das war ihr Ziel. Und damit verbunden der Wunsch, dass dieses Volk endlich seinen Frieden finden und nicht mehr länger zerrissen sein möge zwischen den verschiedenen Kriegsparteien, ein Frieden, der diesem Volk so lange vorenthalten wurde.

Offenherzig wird erzählt, dass die Zusammenarbeit zwischen der ehrgeizigen Regisseurin und den eigenwilligen afghanischen Schauspielern nicht immer reibungslos verlief, ja dass der ein oder andere Star damit drohte, das Handtuch zu werfen, weil er oder sie sich nicht genügend respektiert sah, mehr Geld wollte oder hauptberuflich und damit parallel zur den Theaterproben pakistanischen Kriminellen das Handwerk legen musste. Doch stets siegte der Humor, wenn die interkulturellen Abgründe gar zu tief aufblitzten und das Theaterprojekt mehr als einmal zu scheitern drohte.

Auch wenn sich die Sonne am afghanischen Theaterhimmel seither wieder eintrübte, so gewährt dieses Buch einen seltenen Einblick in die afghanische Gesellschaft und ist gleichsam auch eine Dokumentation, wie interkulturelle Zusammenarbeit selbst im schwierigsten Umfeld möglich ist. Oder, wie Irene Binal in der NZZ schrieb: Shakespears Tollheit wurde zur Methode und das Buch „zu einer Botschaft, die weit über die Grenzen Afghanistans hinaus hörbar ist.“

Dass sich übrigens ausgerechnet an Shakespeare ein Schlagabtausch zwischen Thea Dorn und Diethmar Dath über den Abzug der Bundeswehrsoldaten entzündet, ist ein weiteres Bonmot dieser unglückseligen Entwicklung.

Stephen Landrigan, Quais Akbar Omar: Shakespeare in Kabul. Ein Aufbruch in drei Akten. Aus dem Englischen von Inge Uffelmann, Unionsverlag, 2013