Jahrhundertsommer

Gesellschaftsroman, Ganovenkomödie, Anti-Dorfroman: Eine Frau zwischen sozialer Ächtung und dem Streben nach Selbstbestimmung.

Als Magdas Mann sie wegen einer jüngeren Frau verlässt, bricht für sie eine Welt zusammen. Denn in ihrem Dorf ist sie nun die einzige geschiedene Frau, wird geächtet, gemieden, gerät in existenzielle Nöte. Doch so leicht gibt sie nicht auf. Mit einem amerikanischen Soldaten verbringt sie einen unvergesslichen Sommer – an dessen Ende Magda schwanger und der Soldat verschwunden ist.

Magda bringt Ellen zur Welt, während das Verhältnis zur älteren Tochter Ursula – mittlerweile selbst Mutter – immer schwieriger wird. Beide leben im selben Dorf, gehen sich aber aus dem Weg. Ellen schlägt sich wacker, hat früh schon eigene Pläne und versucht in Paris, die Murrheimer Vergangenheit abzuschütteln. Währenddessen rappelt sich Magda immer wieder auf, selbst wenn ihr das Leben ein Schnippchen nach dem anderen schlägt. Als sie endlich ihren Traumjob findet, löst sich dieser Traum über Nacht in Rauch auf. Unbeugsam ist ihr Wille, sich nicht unterkriegen zu lassen, auch nicht von der „Altersarmut“ – nur schon, „um es denen da oben zu zeigen“. Darin sind auch alle anderen einig, wenngleich die ganze Familie zunehmend in einen Abwärtsstrudel gerät. Schließlich hat Enkel Viktor eine glorreiche Geschäftsidee, um seine Familie aus den prekären Verhältnissen zu befreien. Endlich scheint Magda das Glück zum Greifen nah.

Vor dem Hintergrund eines halben Jahrhunderts deutscher Geschichte, die subkutan in den Text eingeschrieben ist, wird von einer Familie erzählt, die oft knapp am Abgrund vorbeischrammt. Über die Hintergründe des Scheiterns wird mit dokumentarischer Nüchternheit scharfkantig berichtet. An den Bruchkanten der Scherben entlang entwickelt sich das Familiendrama. Gleichzeitig drängt sich die Frage nach Schicksal und Eigenverantwortung auf. Hatte Magda je eine Wahl? Gesellschaftliche Umstände können so manchen Menschen brechen, ihn an den Rand, in den Schatten drängen, wo die Regeln des Systems fragil sind und ihre Gültigkeit verlieren. Oder sind das lediglich billige Ausflüchte? Und sobald Träume erfüllt werden, verschwinden sie, von wegen Glück! Ungeachtet dessen gelingt es den Menschen in diesem Roman, sich von den schwierigen Umständen nicht unterkriegen zu lassen und bauernschlau am eigenen Schopf aus der Misere zu ziehen.


Stimmen

„Alice Grünfelder zeichnet das Milieu ihrer Figuren mit präzisem, unverwandtem Blick, mit Sinn fürs sprechende Detail und gelungenen Dialogen. Sie kann packend und schnörkellos erzählen. Präzis und suggestiv arbeitet sie mit Wörtern aus der Umgangssprache, die Bände sprechen. (…) Zwar sind ihre Figuren – ähnlich wie bei Zola – weitgehend gesellschaftlich determiniert, gleichwohl bleiben sie keine bloßen Funktionsträger, sondern sind lebendige Menschen in ihrem Widerspruch. Man leidet und fiebert mit ihnen mit.“
Manfred Papst, NZZ am Sonntag

„Die soziale Determiniertheit der Figuren erinnert an Romane von Émile Zola, Gerhart Hauptmann oder Upton Sinclair – wäre da nicht der präzis verknappte und gleichzeitig lyrisch schwebende Stil, der dieses Elend immer wieder überraschend bricht und mit lakonischer Ironie subvertiert.“
Franziska Meister, WOZ

„Alice Grünfelder schreibt in einer einnehmenden, präzisen Sprache über eine Familie, die, frei nach Tolstoi, auf ihre eigene Weise unglücklich ist und für die kein Happy End vorgesehen ist.“
Ensuite, Bern

„Gerade lese ich mit Begeisterung deinen Roman. Ein ganz eigener Sound. Spröd charmant, lakonisch, ungeschönt. Die Figuren lassen mich nicht mehr los.“
Caroline Grafe, Litquartier
Mit Caroline Grafe unterhielt ich mich auf Instagram über den Roman.

„Jahrhundertsommer“: Ein Dorfroman, ein Anti-Heimat-Roman, vor allem aber auch ein Gesellschaftsroman, der durch die Verknüpfung der verschiedenen Ebenen auch verschiedene gesellschaftliche Themen anspricht, ohne überfrachtet zu wirken: Allein Magda führt uns vor Augen, was Armut, gerade auch Altersarmut bedeutet – und dass sie, sowohl in der Literatur als auch im „echten Leben“ nicht wegzuleugnen ist. Magda, das ist für mich eine der Frauenfiguren dieses Literaturjahres.“
Birgit Böllinger, der freitag.de

„Die mitreissende Familiengeschichte ist geprägt von diversen Überlebenskämpfen, dem Wunsch nach Selbstbehauptung und der Suche nach Glück, was zugleich die Kehrseite jedes Dorfidylls aufdeckt.“
Selina Seiler, Schweizer Monat

„Dieser Roman spiegelt wider, was so manche:r in meiner Umgebung und auch ich selbst immer wieder erfahren haben: Das Versprechen der sogenannten Leistungsgesellschaft ist hohl, es stimmt eben nicht und hat auch nie wirklich gestimmt, dass man sich nur genug anstrengen müsse, dann schaffe jede:r den Aufstieg. Es gibt viele Menschen, die sich abstrampeln und aufreiben und doch auf keinen grünen Zweig kommen. Und dazu noch der Häme und dem Unverständnis derer ausgesetzt sind, die es aufgrund von Herkunft, Beziehungen, günstigen Umständen, persönlichem Glück oder sonstiger Gründe nach oben gebracht haben. Genau das schilderst du vor allem in deiner Hauptperson Magda und ihrer Tochter Ellen hervorragend. Und überhaupt, Deine Sprache, die Darstellung und Entwicklung der Figuren, die Art und Weise, wie Du 50 Jahre bundesdeutsche Realität unterhalb des immer so hochgehaltenen, aber bei weitem nicht alle betreffenden Wohlstandsmodus geschildert hast … Danke für dieses großartige Buch.“

Sabine Adatepe, Übersetzerin

„Romane, die sich dem Leben der Menschen der Unterschicht annehmen und dieses glaubhaft darstellen können, sind in der deutschsprachigen Literatur der Gegenwart selten. Alice Grünfelder schafft dieses Kunststück. Und sie weiss, wie man das macht, welche Details wichtig sind, welche Bögen geschlagen werden müssen und wie man für überraschende Wendungen sorgt: Sie ist eine geborene Erzählerin!“

Franco Supino, literaturblatt.ch

„Dergel“, „hummeldumm“, „Augendeckel“ – schon beim Lesen der ersten Kapitel: Diese Worte, diese Sprachfärbungen machen die Figuren lebendig, authentisch, finde ich, man kommt ihnen noch näher, lauscht ihnen noch genauer …“

Walle Sayer, Lyriker

„Es ist eine große Qualität des Romans, dass am Ende noch mal alles eine ganz andere Wendung nimmt, man zunächst überrascht ist, und dieser Schluss trotz allem irgendwie versöhnt. Viktor und die anderen haben ja großen Erfolg, schaffen gemeinsam etwas … Ich freue mich jedenfalls sehr auf das Buch, das mich auf eine ganz besondere Weise berührt hat .“
Esther Böminghaus, Lektorin

„Deine Sprache ist in diesem Buch ganz eigen, sehr stimmig, sehr mündlich – die Erzählsprache immer auch Figurensprache – das gefällt mir und hat trotz schwerem Inhalt ein grosses Komikpotenzial.“
Eva Roth, Autorin

Playlist, Hörbuch

Playlist

Playlist zum Roman auf spotify
https://open.spotify.com/playlist/35aDtjn8101gqj2MCqRc8h

Hörbuch: https://www.audible.de/author/Alice-Gruenfelder/B001K1CBO6

Jahrhundertsommer – von Alice Grünfelder
dtv Verlag. 320 Seiten, 22 Euro
ISBN: 978-3-423-28345-8

Blick ins Buch bei www.dtv.de/buch/jahrhundertsommer-28345

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