Immer wieder sticht die Redaktion ins „Wespennest“, dieses Mal zwar unbeabsichtigt, wie Andrea Zederbauer auf der Frankfurter Buchmesse sagte, denn das Heft „Klimawandel“ hätten sie geplant, als noch kein Mensch danach krähte. Jetzt aber …
Leider gehöre ich nicht zu den schnellen Lesern; auch wenn schon im Mai „Klimawandel“ mein Text zu den Kriegsaufräumern des Ersten Weltkriegs abgedruckt wurde, fand ich erst in den letzten Tagen Zeit, mir einen Essay nach dem anderen vorzunehmen. Welche Augenöffner! Es passiert selten, dass ich in einer Zeitschrift ganze Passagen ankreuze und sogar abschreibe.
Der isländische Autor Sjon sinnt beispielsweise der Möglichkeit nach, wie schreibend der ökologische Blick zu schärfen ist, wie das eine ins andere übergehen könnte, webend, verzahnend.
Fast sprachlos vor Faszination machte mich der Text von Valeska Bertoncini über den Wetterchronist Hans Jürgen von der Wense, der tagein tagaus Wolken- und Wetterformationen notierte und doch feststellen musste, dass die vermeintlich endlosen Variationen sich wiederholen, der dennoch nicht müde wird, diese „unendliche Musik“ zu dirigieren, die Wettermusik, -sprache verstehen zu wollen, eine Fremdsprache wie Chinesisch und Isländisch sei das. Und sofort habe ich mir die Wetterbücher im Blauwerke-Verlag über eine Zürcher Buchhandlung bestellt. (Auch das übrigens eine Entdeckung, Hochliteratur in Groschenheftformat!)
Ryan Crawford wird in „Erdglob“ bei Kant fündig. In dessen „Streit der Fakultäten“ überlegt er, wenn die Natur einst Pflanzen und Tiere vernichtete, um den Menschen Platz zu schaffen, ob nicht eines Tages die Zeit anbreche und die Menschen von der Bühne treten müssen? Und wenn die Natur von der Menschheit verlange, ihren exklusiven Platz aufzugeben und an andere Lebewesen abzutreten? Kant aber, tadelt Crawford, verbietet sich eine Antwort auf die Frage.
Warum fällt mir dazu ausgerechnet die Trisolaris-Science-Fiction-Trilogie von Liu Cixin ein? Dort wundern sich die Außerirdischen tatsächlich über die seltsame Arroganz der Erdenbewohner, die nichts anderes tun, als ihre Welt zu zerstören.
Klimawandel. Wespennest. Zeitschrift für brauchbare Texte und Bilder, Nummer 176.
*Der Song „Hurra, die Welt geht unter“ läuft hier: