… oder so ähnlich könnte der Titel meiner Wiederentdeckung von Niklaus Meienbergs Reportagen lauten. Zwar sind Band 1 und Band 2 bereits 2000 im Limmat-Verlag erschienen, zwar liegt der Bosnien-Krieg (1993-1995) schon eine Weile zurück. Aber wenn man diesen offenen Brief an den Chefredakteur der Zeitschrift „Oslobodjenje“ und seine Redaktion liest, ist man verdutzt. So zeitlos sind diese Zeilen, ist diese Gegenüberstellung gesättigter Schweizer Larmoyanz, die so, wie sie geschildert ist, durchaus übertragbar ist auf andere Länder. Denn wenn es hier raucht, sind das maximal die Müllverbrennungsanlagen. Den Hunden geht es soweit gut. Wasser fließt aus den Hähnen. Kein Beschuss zu vermelden. „Von einer Belagerung der Stadt Zürich ist nichts zu spüren. Belagert und umzingelt sind wir nur vom Wunsch, das Schlachten im ehemaligen Jugoslawien aus unseren Köpfen zu verdrängen.“ Und zynisch schlägt er den Boden weiter zu Ländern, wo der Ressourcen wegen durchaus eingegriffen wird in völkermörderisches Treiben. Aber: „Wir verfolgen das Gemetzel am Fernsehen, doch es verfolgt uns nicht.“
Das Redaktionsteam in Sarajevo harrt allerdings tapfer aus. Technisch nicht auf dem neuesten Stand, die Mitarbeiter auf der ständigen Suche nach Papier und Dieselöl, um den Generator zu betreiben, wehrt man sich gegen politischen Druck, der von einer multiethnischen Redaktion gern eine ethnisch gesäuberte Zeitung hätte. Und Meienberg fragt: Warum gelingt Euch der Frieden mitten im Gemetzel und warum den anderen nicht? Wo man dort für sein Schreiben sein Leben verliert, hierzulande aber höchstens seine Stelle?
Nachzulesen in: Niklaus Meienberg: „Zürich-Sarajevo“. Reportagen 1. Limmat-Verlag 2000, S.69-73