Urbanes Wandern

Sonnig ist es heute,
die Ersten scharren schon mit den Füßen,
der Berg lockt.
Dich zieht es in die Agglo, dorthin
– wo Jumbos wie schwere Käfer ihren Rumpf über Häuserblocks schieben
– wo ein Schwimmer in Neopren, des grünlichen Schimmers oder der Kälte wegen?, den Glattparksee längs durchschwimmt
– wo Streifen und Leitungen den Himmel zerschneiden
– wo keine Sehenswürdigkeiten zu sehen sind, warnt der Wanderführer.

Tramhalteselle Fernsehstudio.
Hier werden Nachrichten gemacht,
aber von hier dringen keine Nachrichten in die Stadt. Outer space.
Auf den Wiesen liegen, wenn es wärmer ist, Familien.
Der Kiosk hat noch geschlossen, zu früh im Jahr.

Bälle ploppen.
Ein Hiphopper in weiten Shorts hüpfelt
die schräge Betonwand hoch,
im Takt zur Melodie aus seinen schweren Kopfhörern.

Chatzenbach. Schnurgerade unter Strommasten
nichts dem Zufall überlassen zwischen Grünstreifen und Bauzahn,
wo ein Obdachloser seine Decke und leere Zigarettenschachteln deponierte.

Über ein rote Brücke geht eine Frau mit roter Plastiktüte,
der Duft nach Cannabis liegt in der Luft.
Spatzen gixen, Amseln quirlen,
den ganzen Winter nicht gehört und überhaupt
immer seltener. Sie sterben aus, heißt es,
gejagt von verwilderten Hauskatzen und hungrig,
weil das Luftgetier nicht genügt.
Ein junges Mädchen schlappert mit Sandalen hinter einem
dunkelhäutigen Mann her.
Ihr Vater?
Ihr Onkel?
Der überquert rasch die Tramschlaufe 14.

Eine Familie spielt Boccia mit Plastikkugeln,
sieht nicht den Vater und den Sohn, beide längst erwachsen,
wie sie hinauf schlendern zur Vogelvoliere
vorbei an der steinernen Bank „800 Jahre Seebach“.
Die Vögel in den Käfigen sind jünger.
Kinder mahnen, den Afpal nicht liegenzulassen,
auch nicht bei Regen.

Eine Kinderschaukel gireizt, ein Stieglitz geigelt,
das Handy jingelt neben der Frau auf dem Spielplatz,
die greift nach Chips und Fanta.

Der Himmel bebt, den ganzen Morgen schon,
vibriert, summt, dröhnt, pfeift,
– je nachdem, wie steil die Flugzeuge starten
– je nachdem, woher der Wind weht.
Fliegen hinein in ein Geschwulst am Himmel
ziehen weite Kurven tief über eine Kleintieranlage,
deren Tage sind gezählt, eine Umzonung ist geplant, denn
Zonenkonformität ist gefährdet.
Gefährdet ist auch die High-Tech-Genanlage,
deshalb hoch der Zaun
silbern spiegelt sich darin die Sonne.

Wasserbüffel warten in der Frühlingssonne – worauf?
Klingelt ein Fahrradfahrer mit Kleinkindanhänger
weicht die alte Dame noch längst nicht aus
schwankt nach links nach rechts
hat ihn nicht gehört, schaut konzentriert hinab,
wie sich ein Fuß vor den andern setzt auf den asphaltierten Weg vor ihr.

Strand-Feeling in Reckenholz
– Paddel an Holzwänden
– Club-Sessel hinter Bambus verborgen
– ein angenagtes Tier
– und ein Pferd trabt über die Autobahn.
Gäbe es das Autobahnausfahrtschild Büsisee nicht,
würde keiner in der schilfigen Senke einen See vermuten.

Am Chatzensee zeigt noch kaum jemand Haut,
Sprachen klingen, keine verstehst du,
neben Holzstößen warten Würste.

Einst wurde hier eine Leiche gefunden,
zuerst erwürgt, dann hier am Ufer deponiert.
Entdeckt von einem Spaziergänger.
Sonst hat niemand nichts gesehen.

Die Wehntaler Straße durchquert das Ried
kein Überqueren, kein Durchkommen
nur Untertunnelung.
Bis du auf einer Anhöhe stehst,
über dir blaue Röhren, die kieseln
und weiter hinten wird der Kies zu Split gemahlen.

Es pflügt ein Traktor einen Acker
und daneben wartet ein fahrbarer Jagdsitz – worauf?
Gejagt wird hier schon lange nicht mehr.