Pema Tseden

RIP Pema Tseden

Ein wichtiger tibetischer Filmemacher

Das erste und letzte Mal traf ich Pema Tseden 2007 in Peking. Da sprachen wir über seine Erzählungen, die er auf Tibetisch schrieb und selbst ins Chinesische übersetzte – ein rundlicher junger Mann mit Nickelbrille, voller Elan und Zuversicht, die beiden Welten und Kulturen, die tibetische und chinesische, in seinen Filmen und Texten schon irgendwie zusammenbringen zu können.

Vielleicht war er deshalb vielen jungen Tibetern, vor allem Filmemachern, so wichtig? Sie sahen genau hin, wenn ein neuer Film von ihm erschien, tasteten die Filme nach verdächtigen Spuren der Kollaboration ab. Integer schien er jenen, die ihn trafen. Immerhin war er der erste Tibeter mit einem Abschluss der Filmakademie in Peking. Doch später, 2016, traf auch ihn der Fluch der chinesischen Regierung; er wurde unter einem Vorwand am Flughafen in Xining verhaftet und körperlich misshandelt.

Für seine Filme, die erstmals durchweg auf Tibetisch gedreht wurden, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, in Hongkong wurde man bald auf ihn aufmerksam, nach Locarno wurde er eingeladen, wurde mir erzählt und von Begegnungen mit diesem unaufdringlichen, wachen Geist.

Bevor er als Filmemacher bekannt wurde, hörte ich von seinen Erzählungen und seinem Roman Tharlo. Für die Anthologie Flügelschlag des Schmetterlings bat ich den Übersetzer Franz Xaver Erhard um die Erzählung „Schneekinder“; ein wunderschönes modernes Märchen, das u.a. vom Einsickern der Moderne erzählt, denn am Ende soll das Herz der tibetischen Kultur an Ausländer verkauft werden. Um sich diesem Schicksal zu entziehen, fliehen die Kinder in die Berge, wo – so der letzte Satz – „weiß und erhaben der vergletscherte Gipfel über dem Land leuchtete.“

Als ich das erste Mal vom Tod Pema Tsedens erfahren habe, glaubte ich noch an einen Irrtum, konnte es nicht glauben, denn er war doch noch jung, viel jünger als ich, so hatte ich ihn in Erinnerung. Erst als die zweite, dritte Meldung mich erreichte …

Ein wichtiger Influencer, würde man heute sagen, ist mit ihm von uns gegangen, einer, der als Erzähler und Filmer der modernen tibetischen Kultur wichtige Impulse gab.

Weitere Infos auf Wikipedia und bei Words Without Borders.