Die Frauen von Shonagachi

Kalkutta liegt am Ganges …

… und in Bordellen geht es selten lustig zu. Eine Lektürenotiz.

Eine junge Frau wird ermordet, so weit so nicht gut; der Polizei ist das herzlich egal. Doch die streitbaren Prostituierten unter der herrschsüchtigen Madame wehren sich; vor allem Lale. Auch wenn die ein Leben lang nichts zu lachen hatte und als Mädchen an ein Bordell in Kalkutta verkauft wurde. Zwar schmeichelt ihr der Aufstieg zur Edel-Prostituierten für kurze Zeit, aber als die kriminellen Machenschaften der Madame bis hinein in einen Ashram reichen, reicht es auch Lale.

Erzählt wird aber auch von den kleinen Nöten zum Beispiel eines erfolglosen Liebesroman-Schriftstellers, der sich hoffnungslos in Lale verliebt. Von korrupten Beamten und Deepa, die sich für die Rechte der Frauen einsetzt. Eine Szene möchte ich hier besonders hervorheben:

„Deepa saß wieder einmal vor ihm, und Samsher lächelte sie höflich an. Deepa sagte eine Reihe von Dingen, nichts davon wollte Samsher gern hören. Müßig überlegte er, ob Deepa an irgendeinem Punkt tatsächlich ausholen und ihn ohrfeigen könnte. Das schien durchaus möglich, und Samsher war nicht mal sicher, dass er in solch einem Fall fähig wäre, sie festzunehmen. Innerlich sang er lautlos vor sich hin, konzentrierte sich ganz auf den Text der neuen Dance-Nummer, die die Constables am Morgan auf ihren Handys hatten laufen lassen.“

Dieser moderne Noir aus Bangladesh wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, dabei entsteht ein unglaublich lebendiges Kaleidoskop dieser quirligen Stadt.

Was aber besonders bestechend ist an diesem Kriminalroman, der gleichsam als Liebes- und Stadtroman gelesen werden kann, ist der feine Sarkasmus, den die Übersetzerin Else Laudan in ein prickelndes Deutsch überträgt und dabei eine gute Balance findet zwischen den Eigenheiten im Debütroman der jungen Autorin Rijula Das und einer flotten Sprache. Über den Monsun wurde zum Beispiel selten so schön, so treffend geschrieben:

„Es wird bald regnen. Es droht schon, es dunkelt in den Ecken, dort, wo der Blick nicht hingeht, es sei denn, man hat Angst. Über dem Gewirr der Stromleitungen, über den Mobilfunkmasten und den Strompfählen, die am ersten Tag des Monsuns wie Zweige schwanken, senkt sich zinngraue Tinte herab, ballt sich, sammelt sich in einer Zukunft, die für immer in der Schwebe bleibt. Und genau das ist ein Tod. Ein Tropfen Tinte in unberührtem Wasser. Er sinkt tiefer, breitet seine Ranken aus, erschöpft sich, repliziert sich in Kurven und Geraden. Die drei wissen es noch nicht, aber sie kennen seine Form, irgendwo tief in den Knochen, wo der Verstand nicht hinkommt.“

Rijula Das: Die Frauen von Shonagachi. Ariadne im Argument Verlag, 2023, 336 Seiten, 32 Euro.