Game over: Auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan
„Games“, so erklärte es Ziya, eine der fünf Personen, die aus Afghanistan in die Schweiz flüchten, „nennt man die Versuche, über eine Grenze zu kommen. Nicht im Sinne eines Spiels, aber im Sinn von ’sein Schicksal testen‘. Man kann ein Game gewinnen, aber auch verlieren. Manche Leute brauchen zwanzig oder vierzig Games, um es zu schaffen.“
Sie fliehen aus unterschiedlichen Gründen: Die einzige Frau unter den Flüchtenden, Afsaneh, flieht beispielsweise vor den erdrückenden Familienverhältnissen und einem gewalttätigen Mann, den sie zu Flucht überredet, weil sie hofft, dass dann alles besser wird. Trotz des Elends, der Gewalt, der monatelangen Knochenarbeit z.B. in Istanbul und im Iran, treffen die Flüchtenden immer wieder auf großzügige Menschen, die ihnen weiterhelfen.
Glücklicherweise kommen sie körperlich unversehrt in der Schweiz an. Afsaneh gelingt es, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen und ein neues Leben zu beginnen, ja eine Lehre als Frisörin. Ziya arbeitet als Elektriker, wie schon zuvor in seinem Land, und hilft in seiner Freizeit auf einem Bauernhof aus. Nima aber wäre niemals geflohen, hätte er gewusst, was auf ihn zukommt.
Eingestreut zwischen die sieben Kapitel sind Informationen über die Flucht, die z.B. damit verbundenen Kosten, Geldtransfer, die Organisation einer Flucht, die einzelnen Schritte des Asylverfahrens.
All das Material, das Patrick Oberholzer recherchiert hat (auch eine ausführliche Literaturliste im Anhang zeugt davon), zeichnerisch zu verdichten und textlich zu verknappen, ist dem Illustrator hervorragend gelungen. Daher bietet sich die Graphic Novel auch für Bildungseinrichtungen an, Patrick Oberholzer selbst hat auf seiner Website sogar Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt.
Patrick Oberholzer: Games. Auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan. Splitter-Verlag, 2023